Salafist will in Deutschland 25 Millionen Korane verteilen - auf seiner Internet-Seite treten auch Hassprediger auf

München - Die Kampagne ist auf den Zentimeter genau geplant. 'Benutzt bitte einen Tisch mit der Abmessung 220cm x 50cm x 70cm L/B/H', werden die 'lieben Geschwister im Islam' aufgefordert und aufgeklärt, dass ein solches Möbelstück in Baumärkten als 'Bierbank' zu haben ist. Von der begrifflichen Verbindung zum verpönten Genuss von Alkohol lassen sich die Organisatoren, die sich als besonders fromme Muslime sehen, nicht daran hindern, auf diese Tische das gedruckte Wort Allahs zu legen.

In den Fußgängerzonen und auf den Marktplätzen von 30 deutschen Städten haben sie am Ostersamstag kostenlose Exemplare des Korans in deutscher Übersetzung verteilt. Und für den kommenden Samstag haben sie bereits weitere 30 Infostände angemeldet: In Berlin, in Hamburg, vor allem aber in den Städten Nordrhein-Westfalens wollen sie das den Muslimen heilige Buch unter die Leute bringen - 'aus Liebe zu den Menschen', wie Ibrahim Abou Nagie sagt. 250000 Koranübersetzungen wollen der Kölner Geschäftsmann und seine Anhänger bereits verteilt haben, das Ziel aber ist höher gesteckt: 25 Millionen sollen es sein, ein Koran soll in jedem deutschen Haushalt stehen - als 'Geschenk der Muslime an ihre Nachbarn', so Abou Nagie.

Deutsche Sicherheitsbehörden sehen den Missionierungseifer mit zunehmender Sorge. Denn Abou Nagie gehört zu den wichtigsten Propagandisten des sogenannten Salafismus in Deutschland, einer besonders radikalen Spielart des politischen Islam. Vor 30 Jahren als Student aus Palästina ins Land gekommen und längst Deutscher, ist der 47-Jährige mit dem akkurat gestutzten Vollbart im Handel mit Folien 'ein sehr reicher Mensch' geworden, wie er einmal sagte. Doch dann entdeckte Abou Nagie die Religion und predigt seither mit sanfter Stimme und harten Worten gegen die kuffar, die Ungläubigen. Seine Internetseite 'Die wahre Religion' gilt Verfassungsschützern seit Jahren als zentraler Sammelpunkt der Islamisten im Netz und als Station auf dem Weg mancher junger Menschen in den bewaffneten Dschihadismus. Auf Videos treten hier einige der radikalsten Hassprediger der Szene auf - etwa der Frankfurter Abdellatif R., dessen Predigten auch der Attentäter Arid U. gerne anklickte, bevor er im März 2011 zwei US-Soldaten am Frankfurter Flughafen erschoss

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'Lass uns alle als Märtyrer sterben', verherrlichte Abou Nagie den Dschihad. Die Staatsanwaltschaft Köln hat ihn bereits im Herbst angeklagt, öffentlich zu Straftaten aufgefordert und andere Religionen beschimpft zu haben. Christen oder Juden, so hatte er vor Kindern in einer übers Internet verbreiteten Islamstunde gehetzt, kämen 'auf ewig in die Hölle'. Das Gerichtsverfahren wurde jedoch im Januar auf noch unbestimmte Zeit verschoben, weil die Staatsanwälte noch nachermitteln wollen.

Die jetzt von den Islamisten verteilte Koran-Übersetzung gilt Experten zwar als durchaus neutral. Mathilde Koller, Chefin des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, hält die konzertierte Verteil-Aktion dennoch für 'nur vermeintlich harmlos'. Denn deren Ziel sei es, 'Jugendliche mit salafistischem Gedankengut zu infiltrieren'.